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Geschichte

Die ältesten Besiedlungsspuren in der Reistinger Flur stammen aus der Mittel- und Jung­steinzeit, aus den Jahren 12.000 bis 2.000 vor Christus. Auch aus der Urnenfelder- und be­sonders aus der Keltenzeit sind Siedlungsfeste nachgewiesen. Um 2.000 v. Chr. unterhielten die Kelten in der Nähe von Reistingen eine Eisenschmelzerei bzw. Flurstücke, wo Erz gewon­nen wurde. Sie verarbeiteten das im Dattenhauser Ried im so genannten "Birklesfeld" und im "Lachau" vorkommende Bohnerz und brachten außerdem Eisenbarren als Handelsware in den Verkehr.
  
Während der römischen Zeit lag Reistingen in der Nähe der rund 1.100 Meter westlich der Orts­kirche in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Römerstraße von Faimingen nach Bopfingen. Reste davon sind noch heute im Gelände erhalten.

Der Beginn der Besiedelung des Rieses geht auf die Mitte des 3. Jahrhunderts zurück, als nach einem erneuten Einfall der Alemannen das Gebiet nördlich der Donau und westlich der Iller endgültig in deren Hand war.

   

In der näheren Umgebung des Ortes gibt es Germanenfunde aus dem 5. bis 8. Jahrhundert. Vermutlich wurde Reistingen im 6. oder 7. Jahrhundert von Alemannen gegründet. 

   

Der Name Reistingen leitet sich wahrscheinlich von dem Personennamen "Risto" ab.  

     
1164 wurde der Ort Reistingen erstmals urkundlich erwähnt. Er befand sich zu dieser Zeit unter der Schutzvogtei der Grafen von Dillingen, später gehörte er deren Erben.
      

In einer anderen Quelle werden dagegen als Besitzer des Pfarrdorfs die "Edeln von Reisensberg und Raistingen" genannt. Adilbert II., ein Sohn des Grafen von Kyburg-Dillingen, stiftete 1164 ein benediktinisches Nonnenkloster in Reistingen, das kurze Zeit später in ein weltliches Damenstift umgewandelt wurde.

      

Die Ge­schichte von Reistingen ist von diesem Zeitpunkt an eng mit der klösterlichen Entwicklung verknüpft. Der Bau der Reistinger Kirche, die gleichzeitig Pfarr- und Klosterkirche war, geht wahrscheinlich in diese Zeit zurück. Das Kloster wurde zum Grundherrn des Dorfes. Als er­ste Äbtissin stand Hedwig von Hürgenstein den Kanonissinnen vor.

      

Durch Tausch kam die Schutzvogtei über das Kloster 1259 von Bischof Hartmann, Graf von Dillingen, an den bischöflichen Stuhl von Augsburg. Da es durch das Kloster immer wieder zu Gebietsveräußerungen kam, war Bischof Hartmann der Meinung, das Kloster bräuchte einen "kräftigen Arm". Aus diesem Grund übertrug er 1279 den Schirm über Reistingen un­ter dem Vorbehalt der Wieder-Einlösung an den Ritter Rudolf von Hirnheim, genannt Kat­zenstein.

      

Am 8. März 1331 schenkte Bischof Friedrich von Augsburg der Äbtissin und dem Konvent "Rystingen", die bereits das Patronatsrecht an der Kirche hatten, die Pfarrei und die Pfarrkir­che mit allen Nutzungen und Einkünften.

   

Etwa zur selben Zeit errichtete der Ritter Heinrich von Schwenningen auf dem Platz der heutigen "Alten Bürg" eine neue Burg. Dieser Kegelberg wurde vermutlich schon in der Keltenzeit als Befestigungsanlage ausgebaut. Im Mittelalter wurde er als Burgstall benutzt. 1339 wurde die Burg von Heinrich an Kaiser Ludwig von Bayern verkauft. 1566 wird erstmals von der Zerstörung der Burg berichtet. Ihre Reste sind heute noch teilweise im Gelände zu se­hen.

       

Im 14. Jahrhundert kam es immer wieder zu Grundstücksverkäufen des Klosters. 1450 löste der Bischof mit Einwilligung des Papstes Nikolaus V. das Stift wegen starker Verschuldung auf. Nach der Aufhebung des Stifts wurde der Ort Reistingen mit dem noch vorhandenen Besitz dem Hochstift Augsburg einverleibt.

   

Der Grundbesitz des Klosters erhielt sich noch lange in einem großen Hofgut unter dem Namen "Klosterbauer-Hof". Auf dem ehemaligen Schulgrundstück mit der Hausnummer 46 standen einst die Stallgebäude des Klosterhofes.

      

Durch eine Beschreibung des Dorfes aus dem Jahre 1471 erfährt man, dass der Bischof die Niedergerichtsbarkeit und der Landvogt zu Höchstädt die hohe Gerichtsbarkeit über Reistingen inne hatten. Mit dem Landgericht Höchstädt, zu dem Reistingen seit dem Mittelalter ge­hörte, kam das Dorf 1505 an die Pfalz-Neuburg.

      

Im 17. Jahrhundert litt Reistingen stark unter den Wirren des Dreißigjährigen Krieges. In ei­ner Aufzeichnung von 1639 wird der Dorfbestand folgendermaßen beschrieben:

"Bauernhöfe: 10, davon ganz öde: 7,

Viehbestand: 3 Roß, 1 Kuh.

Sölden: 46, davon ganz öde: 45,

Viehbe­stand: 1 Roß, 1 Kuh."

   

Während des Krieges sind in Reistingen insgesamt sieben Höfe abgebrannt und zahlreiche Gebäudeteile von Höfen und Sölden zerstört worden. Nach den Verwüstun­gen im Krieg wurde 1682 die Kirche erstmals wieder instand gesetzt.

       

Schon im Jahre 1687 besaß Reistingen eine Schule (im Urkataster Nr. 46), an der der Schulmeister Michael Braunböck wirkte.

      

Die größte Katastrophe in der Geschichte des Dorfes Reistingen war der große Brand im Jahr 1737. Dabei wurden 23 Gebäude des Ortes nahezu vollständig vernichtet.

   

Im 18. Jahrhundert bekam die Pfarrkirche einen neuen Kirchenpatron. Der heilige Petrus wurde damals durch den Hl. Vitus ersetzt.

   

1783 erlangte das Hochstift Augsburg auch die hohe Gerichtsbarkeit über Reistingen. Das Dorf wurde daraufhin dem Rentamt Dillingen unterstellt. Von 1789 an gehörte das Dorf zum neu errichteten Pflegeamt Wittislingen.

   

1791 zählte das Pfarrdorf Reistingen 288 Seelen.
      

Im Rahmen des so genannten Franzosenkrieges zog im Sommer 1796 die Armee des französischen Generals Moreau auf der Verfolgung des österreichischen Heeres, von Neres­heim kommend durch die Reistinger Flur. Die Bewohner hatten unter den Soldaten schwer zu leiden. 
      

Als Teil des Reichstiftes Neresheim kam die heutige Gemeinde Ziertheim im Reichsdeputationshauptschluss 1803 an die bayerischen Fürsten Thurn und Taxis. Im Zuge der Rhein­bundakte wurde der Besitz der Fürsten 1806 mediatisiert und seitdem gehört die heutige Gemeinde Ziertheim zu Bayern. Mit Ausnahme von Ziertheim wurde das übrige Gebiet des ehemaligen Reichstiftes Neresheim an Württemberg abgetreten.

   

Bereits 1825 zeigten sich an der Kirche bedrohliche Schäden. Um die Kirchendecke vor dem Einsturz zu bewahren, musste sie mit insgesamt acht Stangen abgestützt werden. Im Jahre 1841 musste dann der Turm bis auf Kanzelhöhe abgetragen werden, da sich an Turm und Kirchenwänden große Risse gezeigt hatte. Später wurde der Turm komplett abgerissen und auf der Westseite neu errichtet. Der Friedhof wurde ebenfalls durch die Gemeinde neu ge­ordnet.

   

1834 waren im Grundsteuerkataster insgesamt 57 Gebäude eingetragen: 1 Hof, 3 Hofgute, 3 Kanzley-Reste, 42 Sölden, 2 Halbsölden, 3 Häuser mit besonderen Nutzungen, 1 Kirche, 1 Pfarrhof und 1 Schule. 1840 bestand Reistingen aus 54 Häusern.

   

1869/70 baute die Gemeinde ein neues Schulhaus (heutiges Dorfhaus), das im Erdgeschoss eine Lehrerwohnung und im 1. Stock einen großen Schulsaal beherbergte.

      

1872 nennt Steichele 60 Häuser. Darunter waren fünf Bauernhöfe, die übrigen Halbbauern oder Söldner.

   

1898 umfasste die Fläche der Gemeinde Reistingen insgesamt 817 Hektar. Davon waren mit jeweils über 40% Anteil an der Gesamtfläche die Acker und Forste die bedeutendsten Flächennutzungen. Nur 87 Hektar werden als Wiesen genutzt, 18 Hektar als Weiden. Die Haus- und Hofflächen nehmen insgesamt 28 Hektar ein.

      

Die amtliche Statistik dieser Zeit vermerkte in ihrem Ortschaftenverzeichnis von 1904 eine katholische Schule in Reistingen, die zum Schuldistrikt Dillingen gehörte.

      

Durch den Bau der Härtsfeldbahn Dillingen - Neresheim - Aalen im Jahre 1905 kündigte sich für Reistingen eine Öffnung in die nähere und weitere Umgebung an.

      

Von 1840 bis nach dem 1. Weltkrieg blieb die Einwohnerzahl der Gemeinde Reistingen relativ konstant bei knapp unter 300 Einwohnern. Erst in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg ist ein leichter Bevölkerungs­rückgang zu beobachten (1925: 233 Einwohner; 1939: 258 Einwohner). Direkt nach dem Ende des 2. Weltkriegs steigt die Bevölkerung durch die zahlreichen Heimatvertriebenen aus dem Osten deutlich an. 

      

1946 zählt Reistingen 431 Bewohner; 1950 sind es 411 Einwohner.

      

Schon 1963 wurde Reistingen dem Schulverband Wittislingen zugeordnet. Seitdem steht das Reistinger Schulhaus leer bzw. wurde als Gaststätte umgenutzt. 
      

1966 zählte Reistingen 34 landwirtschaftliche Betriebe.

      

Zur Konfessionszugehörigkeit fanden sich folgende Angaben: 1939 sind 92% der Bevölke­rung katholisch, 1950 sind es noch 88%.

       

Bis 1978 war Reistingen eine eigene Gemeinde. Am 1. Mai 1978 verlor die Gemeinde Reistingen ihre politische Selbständigkeit und wurde der Gemeinde Ziertheim innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft Wittislingen zugeordnet.

    

Die heutige Gemeinde Ziertheim mit den Ortschaften Ziertheim, Dattenhausen und Reistingen umfasste im Jahr 1978 1.186 Einwohner. Dabei ist das Pfarrdorf Reistingen mit 230 Ein­wohnern der mit Abstand kleinste Gemeindeteil. Die Gemeinde Ziertheim gehörte in dieser Zeit gemeinsam mit Wittislingen und Mödingen der Verwaltungsgemeinschaft Wittislingen an. Heute zählt die Ortschaft ca. 200 Einwohner.

entnommen aus

Denkmalpflegerischer Erhebungsbogen zur Dorferneuerung Reistingen, 2002, W. Daurer, Auftraggeber Amt für Ländliche Entwicklung und Gemeinde Ziertheim, redaktionell überarbeitet 2009, Armin Dauser


Quellen: sind dem Verfasser bekannt - können aus Platzmangel nicht aufgeführt werden.