Skip to main content

Chronik.Frisch Auf

Welche Gaben in den Menschen stecken, bleibt sehr oft unentdeckt. Seit Menschengedenken waren das Orgelspiel in der Kirche und das Geigenspiel in der Schule der einzige Ausdruck musikalischen Wirkens in Reistingen. Es bedarf aber manchmal nur des richtigen Anstoßes, um es zu wecken und zur Entfaltung zu bringen. So war es auch mit der Gründung unseres Musikvereins in Reistingen. Diesen Anstoß gab der aus Altenberg stammende Luitpold Lanzinger. Er verstand es, unter den jungen Männern in Reistingen im Jahre 1933 so viel Mut und Begeisterung zu entfachen, dass sie bereit waren, einen Musikverein zu gründen. Dies geschah dann auch am 15. Januar 1933, wobei auf Anhieb 50 Mitglieder (14 Aktive und 36 Passive) den neuen Verein aus der Taufe hoben. Erster Vorstand und Dirigent wurde Luitpold Lanzinger, womit der Verein in besten Händen lag. Mit welchem Elan und mit welcher Begeisterung zur Sache gegangen wurde, beweist die Tatsache, dass bereits am 18. März desselben Jahres die junge Kapelle ihren ersten öffentlichen Auftritt wagte. Anlass war der Namenstag des damaligen Bürgermeisters und einiger passiver Mitglieder. Am 2. Juli 1933 fand dann im Vereinslokal „Zur Alten Burg“ das Gründungsfest statt. Von diesem Zeitpunkt an gehörte es für die Kapelle zu den selbstverständlichen Aufgaben, sowohl bei kirchlichen als auch bei weltlichen Feiern der Gemeinde, mit festlichen Klängen den musikalischen Rahmen zu geben.

 Die Gründungsmitglieder des Musikvereins
DIE GRÜNDUNGSMITGLIEDER DES MUSIKVEREIN "FRISCH AUF"

Leider musste sich der Verein 1935 von seinem Vorstand und Dirigenten trennen, denn Luitpold Lanzinger wurde zum Militärdienst einberufen. Dies zwang den jungen Verein, sich einen neuen Vorstand zu suchen. Er fand beides in seinem aktiven Mitglied Paul Bayer. Unter seiner zielstrebigen und aufopfernden Arbeit verzeichnete der Verein einen stetigen Aufstieg. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erlahmte das Vereinsleben völlig, da alle jungen Männer zu den Waffen gerufen wurden.

Doch mit welcher Liebe unsere Musiker an ihrem Verein hingen, bewies die Tatsache, dass die Glücklichen, die das mörderische Völkerringen heil überstanden hatten und 1945 in die Heimat zurückkehrten, sofort die Initiative ergriffen und dem Verein neue Impulse gaben. Allen voran Vorstand Bayer, der, 1946 aus der Gefangenschaft zurückgekehrt, sich sofort eifrig um die Gestaltung einer neuen Kapelle bemühte. Sieben Musiker waren im Krieg gefallen und so galt es, die entstandenen Lücken mit neuen, jungen Kräften wieder aufzufüllen. Welch ungebrochener Geist die damaligen Mitglieder beseelte, zeigt der Ausspruch aus dem Protokoll von 1946: „Wo ein Wille – ist auch ein Weg“. – Und sie fanden ihn.

FASCHINGSUMZUG IN DISCHINGEN 1949

Bald hatte man aus jungen Kräften einen respektablen Klangkörper gebildet und bereits 1950 zeigte man bei Musikfesten beachtliches Können. Durch das Ausscheiden mehrerer älterer Aktiven sah sich der Verein schon 1955 wiederum gezwungen, für neuen Nachwuchs zu sorgen. Daraufhin bot sich Arthur Göttle an, junge Kräfte zu schulen. Dies zeigte bereits nach kurzer Zeit recht gute Ergebnisse und brachte die Kapelle wieder auf den alten, guten Stand.

 

FESTUMZUG ANLÄSSLICH PRIMIZ PFARRER JOSEF NICKLASER 1955

Nach 22jähriger Tätigkeit als 1. Vorsitzender übergab Paul Bayer 1957 die Geschicke des Vereins an Arthur Göttle. Damit war wieder die alte Gepflogenheit – Vorstand und Dirigent in einer Person – gewahrt. Der neue Vorstand hatte gleich einiges zu tun, denn der Verein feierte 1958 sein 25jähriges Bestehen. Größtes Anliegen war es, als erstes wieder die Kapelle aufzufrischen und sich um Jugendnachwuchs zu bemühen. Die Früchte dieser Anstrengungen wurden bei der 25-Jahr-Feier sichtbar.

GRUPPENBILD ANLÄSSLICH DES 25JÄHRIGEN GRÜNDUNGSJUBILÄUMS 1958

Durch das aktive Mitwirken der Kapelle an auswärtigen Festlichkeiten blieb das Können stets aktuell. Während all der Jahre zeigte man sich bei Bezirksmusikfesten und sonstigen Anlässen allerorts und Jahr für Jahr wirkte man bei kirchlichen und weltlichen Feiern mit und belebte das örtliche Kulturleben. Das Jahr 1970 war wieder ein Markstein im Vereinsleben. Bei der Fronleichnamsprozession trat die Kapelle erstmals mit ihrer neuen Uniform an die Öffentlichkeit. Große Spendenfreude der Gemeinde sowie der Einwohner ermöglichten diese Anschaffung.

EHRUNG VON PAUL BAYER UND MICHAEL STECK FÜR 40JÄHRIGE TÄTIGKEIT
 
STANDKONZERT AUF DEM DORFPLATZ MIT DER NEUEN TRACHT 1973
 
VERABSCHIEDUNG VON BÜRGERMEISTER KARL BÄURLE 1978

Im November 1980 gab es dann einen erneuten Führungswechsel: Mit großer Mehrheit wurde Fritz Datismann zum 1. Vorsitzenden des Vereins gewählt.

1981 feierte der Schützenverein „Alte Burg“ Reistingen sein 75jähriges Bestehen, wobei wir die musikalische Umrahmung übernahmen. Weiter besuchten wir das Bezirksmusikfest in Zöschingen. Bei diesem Anlass zeigte sich die Kapelle erstmals in ihrer neuen schwäbischen Tracht.

Natürlich wurde bereits ernsthaft an der Vorbereitung des 50jährigen Vereinsjubiläums gearbeitet, insbesondere bei der Förderung des Jugendnachwuchses. Nachdem 1977 in einer gemeinsamen Musikausbildung mit der Musikkapelle Dattenhausen bereits neue Musiker ausgebildet wurden, startete man 1982 mit der eigenen Ausbildung von 14 weiteren Jungmusikern.

Im Mai 1983 feierte der Musikverein „Frisch Auf“ sein 50jähriges Gründungsjubiläum. Höhepunkte der Feierlichkeiten waren ein gemeinsamer Massenchor mit den teilnehmenden Musikkapellen und ein Festzug mit insgesamt 55 Teilnehmern.

GRUPPENBILD ANLÄSSLICH DES 50JÄHRIGEN GRÜNDUNGSJUBILÄUMS 1983

1985 wurde der Grundstein für den Bau eines eigenen Übungsraumes, angrenzend an das Bierstüble gelegt. Dieser Raum wird bis heute für die wöchentlichen Proben genutzt.

 

 

 

 

  

 

 

WEIHNACHTSFEIER 1985

1988 übernahm Christoph Dauser das Amt des 1. Vorsitzenden. Nach dem tragischen Todesfall des Dirigenten Arthur Göttle 1998, leitete Karlheinz Strunz bis zum Jahr 2003 die musikalischen Geschicke der Kapelle. Anschließend übernahm Kathrin Graf die Tätigkeit der Dirigentin.

EHRUNG VON HERMANN URBAN FÜR 50JÄHRIGE TÄTIGKEIT 2003

In 2003 wurde gemeinsam mit dem Schützenverein die Vereinsgemeinschaft „Dorfhaus“ gegründet. Der Verein betreibt als Träger das Bierstüble und übernimmt die Baumaßnahme des Dorfhauses, als neue Heimat für die Reistinger Vereine. Das Musikheim wurde in die Vereinsgemeinschaft eingebracht. Bis 2004 war das jährliche Dorffest ein wichtiger Höhepunkt bei den jährlichen Veranstaltungen in Reistingen. Bei dem gemeinsam mit dem Schützenverein veranstalteten Fest konnten Jahr für Jahr viele Besucher begrüßt werden.
 
WEIHNACHTEN IN DER KIRCHE 2006
 
FASCHINGSUMZUG IN DISCHINGEN 2007

Der Musikverein „Frisch Auf“ Reistingen ist bis heute bei einer Vielzahl von Veranstaltungen innerorts aber auch überörtlich aktiv. Die Ausbildung eigenen Jugendnachwuchses nimmt weiterhin einen hohen Stellenwert ein. Gemeinsam mit den Musikkameraden aus Mödingen konnte 1998 eine erfolgreiche Ausbildung gestartet werden. Seit 2004 erfolgt die Jugendausbildung gemeinsam mit den Kapellen aus Wittislingen und Dattenhausen.

Das 75jährige Gründungsjubiläum wurde in 2008 mit einer Vielzahl von Veranstaltungen gefeiert. Der Höhepunkt war sicherlich ein zweitägiges Festwochenende Ende Juni auf dem Reistinger Dorfplatz. Mit einem Sternmarsch und einem Gemeinschaftschor mit den sieben anwesenden Gastkapellen wurde der Ort musikalisch zum Klingen gebracht.

Im gleichen Jahr wurde die Baumaßnahme Dorfhaus abgeschlossen und an einem Wochenende Anfang September feierlich eröffnet.

Bei der Generalversammlung 2009 übergab 1. Vorsitzender Christoph Dauser nach 21 Jahren das Amt an seinen Nachfolger Albert Bäurle. Die Versammlung bestimmte Christoph Dauser einstimmig zum Ehrenvorsitzenden.

Der Musikverein „Frisch Auf“ Reistingen ist bis heute bei einer Vielzahl von Veranstaltungen innerorts aber auch überörtlich aktiv. Angesichts sinkender Zahlen aktiver Musiker erfolgen seit 2017 die Probenarbeit und das gemeinsame Musizieren in der Öffentlichkeit zusammen mit den Musikern aus Dattenhausen als „Egautaler Musikanten“.

Nach wie vor ist die Musik in unserem Dorf ein wesentlicher kultureller Faktor, der nicht mehr wegzudenken ist. Was wären all die vielen festlichen und traurigen Ereignisse kirchlicher und weltlicher Prägung ohne die musikalischen Klänge unserer Kapelle! Die Liebe zur Musik und das harmonische Zusammenwirken aller Kräfte ist die starke Basis des Vereins, auf der er getrost und vertrauensvoll in die Zukunft blicken kann und seinem Namen „Frisch Auf“ weiterhin alle Ehre machen kann.

(aus der Vereinschronik von Rudolf Stegmayer 1983, aktualisiert von Armin Dauser)